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Autorenbildjessikazehnpfennig

Die Mididatei und was sie mit meiner Karriere als Klarinettistin zu tun hat

Aktualisiert: 28. Jan. 2023

Boah habe ich mich geschämt. Ich hatte Musik von René Aubry auf meinem damaligen MP3-Player und ich habe sie geliebt. Rauf und runter habe ich sie gehört und ganz viel dabei empfunden. Stolz zeigte ich diese Musik einem Klarinettistenkollegen, das war auf einem Meisterkurs und er meinte so, er könne nicht verstehen, wie ich Gefühle bei einer Mididatei haben könnte. Bäm, das saß.



Das, was ich zu diesem Zeitpunkt nämlich nicht wahrgenommen habe, war, dass die Klarinette in dem Musikstück eine Midi-Klarinette war. Die Gitarre war echt eingespielt, aber die Klarinette eben nicht. Ich habe es ihm nicht verraten, dass ich das nicht wahrgenommen habe, viel zu peinlich, aber insgeheim wusste ich das ja und ich habe mich richtig schlecht gefühlt. Ich weiß auch gar nicht mehr, was ich gesagt habe, ist schon echt lange her und das war auch noch, bevor ich Musik studiert habe.


Als er das gesagt hat, habe ich natürlich genauer hingehört und nach einiger Zeit auch gemerkt, "stimmt er hat Recht", aber so richtig wusste ich nicht, woran er das erkannt hat. War es die Klangfarbe? Das war meine erste Schätzung. Und zu dem Zeitpunkt hat mich auch die Schnelligkeit beeindruckt, mit der er das herausgehört hat, kurz Kopfhörer rein und sofort kam diese Aussage. Ich hatte die Musik ja schon echt oft gehört und es nicht gehört... Oh Mann.


Ist es nicht spannend, wie sich die Wahrnehmung im Laufe der Zeit verändert, heute zum Beispiel kann ich eine Mididatei von echten Instrumenten unterscheiden. Wäre auch echt schlimm wenn nicht, wobei die Samples immer besser werden. Letztens hat mich mein Komponistenfreund echt damit beeindruckt, als er mir die Samples und seine Komposition zeigte und das Orchester so echt klang und sogar Agogik und Phrasierung zu hören war. Wow.



Auf meinem Weg als Klarinettistin habe ich viel mit dem Thema Wahrnehmung zu tun gehabt. Und mittlerweile bin ich auch echt überzeugt, dass die Wahrnehmungsschulung eine Schlüsselrolle in der musikalischen Ausbildung spielt. Du kannst nur das lernen und verbessern, was du auch wahrnimmst und wenn du in der Wahrnehmung übst und spielst, hat das zudem noch den Vorteil, dass du schneller lernst und auch genussvoller lernst, denn durch das wahrnehmende Üben, hat das etwas meditatives. Und aufgrund dieser ganzen Vorteile, arbeite ich ganz viel mit der Wahrnehmung mit meinen Schülern und auch mit mir selber.


Nun zurück zur Mididatei. Was hat sich im Laufe der Zeit verändert bei mir? Warum kann ich eine Mididatei nun von "echter" Musik unterscheiden und was sind da eigentlich die Unterschiede? Lach, mir ist es immer noch peinlich, dass ich das mal nicht unterscheiden konnte, aber umso beeindruckender ist, dass ich es trotzdem geschafft habe, Musik zu meinem Beruf zu machen.


Was sich verändert hat bei mir ist, wie du es schon erraten hast, die Wahrnehmung. Am Anfang konnte ich viele Dinge nicht wahrnehmen, ich konnte zum Beispiel nicht die Unterschiede in der Klangfarbe raushören, mittlerweile höre ich schon kleinste Veränderungen im Klang, ich konnte nicht wahrnehmen, ob der Ton ganz grade ist, ohne Veränderung, wie bei der Mididatei, oder ob er sich verändert, zum Beispiel in der Dynamik oder in der Intonation. Ich konnte also nicht die feinen Unterschiede hören, ob ein Ton abphrasiert wurde, ob mit Richtung gespielt wird oder abgeschwungen wird, eben gestaltet wird.


Ich weiß noch, wenn ich mit meinen Musikkollegen im Theater war, konnten die allerlei raushören und beurteilen, ob etwas gut gespielt war. Sie konnten zum Beispiel hören, ob die einzelnen Stimmen zusammen waren, oder eher unsauber gespielt wurde, sie konnten beurteilen, ob ein Solist die Phrasen schön und berührend phrasiert hat oder nicht. Ich war einfach immer beeindruckt, Für mich war alles unglaublich gut.



Oft fragte ich mich auch, was denn einen guten Musiker von einem "schlechten" Musiker unterschied und sehr oft fragte ich mich, was mir eigentlich fehlte, um gute Musikerin zu sein, warum zum Beispiel ein Stück, das ich viel geübt hatte und eigentlich auch gut spielen konnte, trotzdem nicht gut genug war, um zum Beispiel einen Platz in Stuttgart zu bekommen, ich hatte auch da mal Aufnahmeprüfungen versucht, so in der Mitte meines Studiums. "Was hatten die anderen Klarinettisten, was die Professoren so beeindruckte?" Das war eine Frage, die ich mir nicht so richtig beantworten konnte. War es, dass sie schneller spielen können? Oder waren es Connections, weil sie einen Meisterkurs besucht hatten? Vielleicht gab es ja auch eigentlich gar keinen Unterschied. Das war mir immer irgendwie ein Rätsel.


Mittlerweile weiß ich, was die Unterschiede sind und mittlerweile weiß ich auch, dass man nur so gut sein kann, wie man auch wahrnimmt oder anders ausgedrückt, je feiner die Wahrnehmung, desto größer das Potential besser zu werden. Und was besonders toll ist, die Wahrnehmung kann jeder trainieren und schulen. Ich habe es bewiesen und viele meiner Schüler auch.


Und das war auch mein Weg, ich habe viel mit dem Körper gearbeitet, ich habe viel durch vergleichen und experimentieren gelernt, denn wenn man vergleicht, dann steigert sich die Wahrnehmung in diesen Punkten, ich habe begonnen auf eine andere Art Musik zu hören, mir Aspekte rausgesucht, auf die ich achten will, zum Beispiel, wie wird Dynamik eingesetzt, wie werden die Töne beendet, also abphrasiert, wie wird zum Höhepunkt hingeführt, am Stück oder stufenartig, wie wird artikuliert?


Wichtig ist dabei aber nicht nur, dass man gut zuhört, sondern sich auch Wissen aneignet, was man denn überhaupt alles wahrnehmen kann, denn was ich nicht weiß und kenne kann ich auch nicht wahrnehmen. Ganz schön verzwickt, weil zu wissen bedeutet auch nicht gleich, dass ich es wahrnehmen kann, aber es gibt natürlich Wege dorthin. ;)


So habe ich mich zum Beispiel mit Musik auseinandergesetzt, Bücher über Interpretation gelesen und somit gelernt, wie man Musik gestalten kann, was es eigentlich für Möglichkeiten gibt. Ich habe mich auch sehr mit dem Körper selber beschäftigt und mit dem Thema "Spielgefühl" und natürlich auch der Atmung. Auch da kann man sehr die Wahrnehmung schulen und sein Spiel extrem verbessern durch.


Oder wenn es um das Thema Virtuosität geht, dann kann man sich auch mit den verschiedenen Bewegungsqualitäten beschäftigen und wie sie sich anfühlen und später dann bewusst einüben, je nachdem was gebraucht wird.


Ja oder das Thema Luftflexibilität, auch da zeigen sich die verschiedenen Arten. wie man mit der Luft spielen kann. Auch das ist ein Teil der Virtuosität und der musikalischen Gestaltung, dass du die Fähigkeit erlernst, die Luft schnell verändern zu können, damit du von der einen Sekunde zur anderen den Charakter, die Lautstärke und die Klangfarbe verändern kannst. Und im ersten Schritt braucht es dafür die Wahrnehmung. Wenn du nicht weißt, was du üben kannst, dann kannst du es nicht üben.


All das sind Themen und es gibt noch mehr, mit denen ich mich also beschäftigt habe, meine Wahrnehmung dafür geöffnet habe und die dazu geführt haben, dass ich jetzt auch zum Glück wahrnehmen kann, was eine Mididatei ist und was einen guten Musiker von einem weniger guten Musiker unterscheidet und auch mein Spiel besser reflektieren kann und genauso auch das Spiel meiner Schüler, wodurch ich ihnen in ihrer Laufbahn natürlich besser helfen kann.


Aber nicht nur das, ich habe durch meinen Weg auch meine Methode entwickelt, ich arbeite sehr körper- und wahrnehmungsorientiert und sehe es als meine Stärke, Step by Step zu einem differenziertem Spiel hinzuführen. Ich sehe die Wahrnehmungsschulung als eine Schlüsselrolle für ein exzellentes Spiel und ich liebe es, dir dabei zu helfen, deine Wahrnehmung für die Musik und dein Spiel zu verfeinern und somit dein Spiel maßgeblich zu verbessern, deinen musikalischen Ausdruck zu erhöhen und dich darin zu begleiten, mit mehr Leichtigkeit und Genuss zu musizieren, da du bei mir definitiv lernst mit dem Körper zu musizieren, anstatt gegen den Körper.


Ja und so war mein Weg von der Mididatei zum professionellem Ohr :D Und auch du kannst das schaffen!!!



Und wenn du Lust hast, frei und unbeschwert Klarinette zu spielen, genau zu wissen, an welchen Stellschrauben du drehen musst, um so zu spielen, wie du es dir wünscht und von mir dabei begleitet werden möchtest, wie du wahrnehmend üben kannst und vor allem, lernen möchtest, was du alles wahrnehmen kannst, um dein Spiel maßgeblich zu verbessern, dann mach gerne eine Probestunde mit mir aus!






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